DEATH ] [ PROOF. Konzept
Das Projekt death] [proof untersucht das Verhältnis der Begriffspaare “Sanierung und Umbau” auf der einen Seite und “Zerstören und zu Tode Sanieren” auf der anderen Seite, am Beispiel der Generalsanierung der Akademie der bildenden Künste Wien am Schillerplatz 3. Während der Ausstellungen im xhibit im Studienjahr 2013/14 befindet sich das Gebäude in einer Art Schwebezustand zwischen Sanierung und Umbau, einer Instandhaltung und Instandsetzung, die durch Eingriffe in die Bausubstanz immer auch mit der Gefahr der Zerstörung und zu Tode Sanierung verbunden ist. Oft weiß man aber gar nicht, ob durch einen Umbau etwas kostbares verloren gegangen ist, da man sich an den Urzustand nicht mehr genau erinnern kann oder diesen auch gar nicht kennt.[1] (Abb. 1)
Manchmal führt der Verlust von etwas auch dazu, seinen Wert höher einzuschätzen, als dieser tatsächlich war oder einen Verlust erst zu bemerken, wenn etwas eben nicht mehr zur Verfügung steht, ungeachtet ob man es früher geschätzt hat oder nicht…[2] (Abb. 2)
Um sich also den Zustand des Gebäudes vor und während der Generalsanierung gleichsam einzuprägen, werden alle relevanten Räume der Akademie am Schillerplatz 3 visuell vermessen.[3] Dabei wird eine videographische Methode angewandt, die wir entwickelt haben und bereits seit einigen Jahren zur Bestandsanalyse für Architekturen verwenden. (Abb. 3)
Eine hochauflösende Videokamera wird auf einem Stativ fixiert und nach Festlegung eines repräsentativen Bildausschnittes (“viewfinding”) im Raum positioniert.[4] So entsteht eine Serie von Video-Portraits mit gleicher Länge und gleicher Brennweite, die alle Räume der Akademie in prä-saniertem Zustand zeigen. Die Kamera und das Medium Video hilft uns dabei genauer hinzusehen. Details, Oberflächen, Materialien, marode Stellen, Patina, an denen das menschliche Auge im Normalfall nur vorüber streicht, werden durch das Kameraauge sichtbar, weil festgehalten, wenn nötig gedehnt / gerafft / wiederholt… (stretch / timelapse / loop)
Aus dem “off” hört man eine Stimme, die wie in einer Bildbeschreibung die Eigenheiten jedes einzelnen Raumes der Akademie erzählt: Historische Zusammenhänge, Materialkunde, Raumqualitäten, Architektur-Anekdoten, Skurriles, Absonderliches, Illusionen, Analogien…[5]
Während des Ausstellungsbetriebes im xhibit im Studienjahr 2013/14 ist das übrige Gebäude mit Ausnahme der Gemäldegalerie seiner Funktion enthoben. Die Räume existieren für die BesucherInnen, wenn man so will, also lediglich in den Video-Portraits und das auch nur in einem nicht mehr gegenwärtigen Zustand, da die Sanierung und der Umbau ja bereits die Räume verändert haben.
Synopsis
Die Raumfolge des xhibit wird für das Projekt death] [proof in einen Pfad aus LED Screens verwandelt, der sich entlang der Wände mäandernd abwickelt und dabei als abstrahiertes Leitsystem für die tatsächliche Lage der abgebildeten Räume dient. In anderen Worten: Räume, die nach Westen orientiert sind werden auch durch ein Video-Portrait nach Westen repräsentiert und dementsprechend auch auf einem Screen an einer Westwand installiert.
Die BesucherInnen der Ausstellung sehen und hören für die Dauer von ca. fünf Minuten die 20 Video-Portraits der 20 relevanten Räume im Erdgeschoß der Akademie, bevor die Installation auf die 23 Video-Portraits der 23 relevanten Räume im 1. Obergeschoß wechselt. Wenn man bei den Türmen im Dachgeschoß angekommen ist, wechselt die Serie wieder ins Untergeschoß. In einem Durchlauf von 30 Minuten sind also alle relevanten Räume abgebildet. Es steht den BesucherInnen offen, ob sie sich in diesen fünf Minuten einem speziellen Raum und seiner Geschichte widmen oder sich alle Räume einer Ebene ansehen wollen. Über Kopfhörer und/oder Lautsprecher erfährt man, was es mit diesem Raum auf sich hat, welcher Wandanstrich der originale ist, warum sich dort ein sogenanntes „Blindfenster“ befindet oder warum sich dieser Innenraum eigentlich wie ein Außenraum verhält. (Abb. 4)
[1] z.B., aktuelle Befunde beweisen: Die heutige Interpretation der roten Parapetfelder in den Gangzonen der Akademie ist falsch. Es liegt auf der Hand, dass auch hier ein durchgehender schwarzer Sockel existiert haben muss. (…) Da eine großflächige Freilegung der Originalfassung auszuschliessen ist, ließe sich dies nur mit einer neulichen Übermalung erreichen. (aus: Untersuchungsbericht RIFF-OEG, 2008)
[2] Kunstzerstörung durch Stümperei: Wisch und weg. Nichts gegen Elías García Martínez. Bis vor kurzem allerdings hatte der Künstler nicht einmal einen Wikipediaeintrag. Sehr wahrscheinlich, dass einzig die Zerstörung seiner Arbeit, die Übermalung seines Kirchenfreskos “Ecce Homo” im spanischen Borja durch eine Rentnerin, dafür sorgen wird, dass der Name des 1934 gestorbenen Spaniers in die Geschichte eingeht. (www.spiegel.de)
[3] Unabhängig von der Debatte: Was ist/war „original“ – eines ist gewiss: So, wie in den Video-Portraits wird die Akademie nie mehr zu sehen sein…
[4] In diesem Zusammenhang wäre die Kooperation mit Prof. Baartz und dem Institut für Konservierung – Restaurierung besonders interessant, betreffend photografischer und photogrammatischer Methoden.
[5] Helmut Hempel gilt als einer der Kenner des Theophil Hansen-Gebäudes am Schillerplatz. Wann immer man mit ihm durchs Haus geht und an einem beliebigen Ort stehenbleibt: Er kann eine Geschichte dazu erzählen. Er wird zu jedem Raum und jedem Video-Portrait eine auditive Bildunterschrift anlegen.