Was bedeutet Entsiegelung..?

Entsiegelung setzt voraus, dass vorher etwas versiegelt, also ein Boden luft- und wasserdicht abgeschlossen wurde. Entsiegelung ist die anschließende Öffnung dieses Bodens.

Transformation einer Asphaltfläche in 140 Quadratmeter Grün. Entsiegelung als Beteiligungsprojekt, Christian Fröhlich, Wien, 2023

Was bedeutet „Entsiegelung“ und warum fällt uns das Entsiegeln so schwer? Sechs Expert:innen im Austausch zu einem Thema, das uns alle betrifft. JETzt: Podcast der Kammer der Ziviltechniker:innen, Episode 22, im Gespräch mit: Johanna Digruber, Christian Fröhlich, Karl Grimm, Renate Hammer, Günter Katherl, Wolfgang Voglauer, aufgezeichnet am 29. Mai 2024.

Click on the button to load the content from embed.podcasts.apple.com.

Load content

Johanna Digruber setzt sich vor allem für den Schutz des Bodens ein. Ein besonderes Anliegen ist ihr in diesem Zusammenhang die Vermittlung des Wertes unserer Böden an den Einzelnen, auch was die Ernährungssicherheit betrifft. Sie warnt vor den Folgen von Versiegelung, denn versiegelter Boden ist eben toter Boden. Deshalb gilt ihr Engagement auch Entsiegelungsprojekten, wovon sie hier berichtet:

„Man möchte nicht glauben, wie viel Zeit man aufbringen muss und welche Hürden man überwinden muss, um 140 Quadratmeter Asphalt zu entsiegeln. Was ist das für ein Zeichen in der jetzigen Zeit? Ich bin fassungslos, wie so etwas passieren kann, wie träge das System ist, obwohl wir wissen, wir müssen entsiegeln.

Und dann wählt man aus Eigeninitiative einen Platz aus vor einer Schule, um einen attraktiven Aufenthaltsraum zu schaffen, den sich alle wünschen und dann kostet es trotzdem unendliche Mühen, um 140 Quadratmeter Blumenbeet zu bekommen. Ob es je zu einer klimagerechten notwendigen Erweiterung dieser neuen Grünfläche kommen wird, bleibt offen. Auch dass es hier aus Sicht der Gestaltung, aus der Stadtplanung, aus der Architektur keinen Ansatz gibt, wie man mit diesen überall vorhandenen ‚Restflächen‘ umgeht, das finde ich wirklich schauerlich.”
Johanna Digruber

Christian Fröhlich arbeitet seit 2019 zum Thema „Entsiegelung“, seit Wien über eine Hitzekarte verfügt, welche den Strategieplan der Stadt gegen urbane Hitzeinseln ergänzt. Wer diese Dokumente studiert erkennt, dass wir die Hitze vor allem dem Grad der Versiegelung und dem Verhältnis von Verkehrsflächen zu Grünflächen zu verdanken haben. Für die nahe Zukunft wünscht er sich einen Paradigmenwechsel beim Bauen:

“Ich plädiere für eine ‚Architektur als Gartenbau‘, aber mehr methodisch als faktisch. Die Vorstellung, dass Architekt:innen sich einer Aufgabe widmen und diese ‚wachsen lassen‘, dabei kontinuierlich und strategisch vorgehen, jeden Tag vor Ort sind, Anpassungen vornehmen, Anpassungen erlauben, sich um Dinge kümmern, sorgen und beobachten, Nutzer:innen miteinbeziehen, anstatt diesen etwas aufzudrängen, das hat uns natürlich der Gartenbau voraus. Und Gärten als Architekturaufgabe waren in der Geschichte schon einmal wesentlich — im 21. Jahrhundert werden es nun eben Klimastraßen und Straßengärten sein.

Es ist jetzt nicht so, dass wir alle, keine Sorge, Gärtner werden sollen. Aber es ist, laut Yoko Ono, auch nicht so, dass der Mönch im Kloster Gärtner sein möchte. Er holt aber jeden Tag einen Eimer Wasser und schaut, dass es dem Garten gut geht. Das Gärtnern gehört zu seinen Tätigkeiten als Mönch, jeden Tag etwas Schönes zu tun, sich um etwas zu kümmern. Also es geht nicht ums Gärtnern, sondern das Gärtnern ist nur die Methode.”
Christian Fröhlich
Zitate aus: JETzt Podcast, Episode 22, Entsiegelung, Johanna Digruber und Christian Fröhlich zu Gast in einer Gesprächsrunde in der Kammer der Ziviltechniker:innen am 29. Mai 2024