Klimastraßen.

Neun Handlungen zur Abkühlung urbaner Hitzeinseln mit Mitteln der Kunst und Architektur.

Ein Forschungsprojekt von Christian Fröhlich gefördert durch das
 
„Klimastraßen sind Stadträume für das 21. Jahrhundert, die Verkehrsflächen in Grünflächen als Kühlflächen verwandeln.“
Stadtstraßen werden Klimastraßen. Eine stadträumliche Korrektur, 2025

Für alle größeren Städte Österreichs existieren bereits Hitzepläne, um sich der Klimaveränderung anzupassen. Manche haben dafür gar dynamische Hitzekarten, Warnstufen und Maßnahmenkataloge entwickelt. Aber nur selten ist darin von Architektur oder gar Kunst die Rede. Wie sehr verändert sich der öffentliche Raum, unser Aufenthalt im Freien durch die urbane Hitze? Wie sehen klimagerechte Verweilräume in unseren Städten in naher Zukunft aus? Dieses Projekt beschreibt die Korrektur dieser Stadträume mit Mitteln der Kunst und Architektur in neun Handlungen.

Es bringt sprichwörtlich Kunst/Architektur auf die Straße, also dorthin, wo das Leben in den Städten stattfindet, wo sich Gesellschaft bildet — im öffentlichen Raum. Es wird aufgezeigt, dass Kunst und Architektur einen wesentlichen Beitrag leisten können, um auf die Folgen der Klimaveränderung besser zu reagieren und um den veränderten Bedingungen mit Optimismus und Einfallsreichtum zu begegnen.

Keywords:
Entsiegelung, Stadtgrün, Straßengärten, Klimagerechtigkeit, Urbane Hitzeinseln, Bodenverbrauch, Raus aus dem Asphalt, Klimamusterstadt
Typologie:
Klimastraßen: Stadträumliche Transformation von Verkehrsflächen in Grünflächen mit Mitteln der Kunst, Architektur und Baukultur
Zu finden:
ab 2025 als Toolbox und Handbuch für Stadttransformationen im öffentlichen Raum; Projektzeitraum: Nov 2023—Feb 2025
Für wen ..?
Anrainer/innen, Bewohner/innen und Besucher/innen der Klimastraßen, Schüler/innen auf dem Schulweg, Stadtflaneure, Menschen, die Abkühlung im öffentlichen Raum suchen
Handlungsfelder:
Stadtraum klimagerecht gestalten, klimafreundlich unterwegs sein, Bewusstsein schaffen und zusammenarbeiten
Wer ..?
Christian Fröhlich (Antragsteller), Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (Fördergeber), Wiener Klimateam (Meidling, Währing, Margareten), Bezirksvertretungen, Gebietsbetreuungen, Magistratsabteilungen 19, 22, 28, 42, 46
Wie ..?
Wechselwirkung zwischen Architektur / Kunst / Verhandlung / Vermittlung / Entwurf / Planung / prozesshafte Dokumentation in Wort (Manuskript) und Bild (Photo- / Videographien) / Öffentlichkeitsarbeit
Anzahl Wiener Straßen.................6.947
Länge Wiener Straßen in km........2.798
Fläche Wiener Straßen in km2...........41
— davon für das Auto in %...............68
— davon für Grün in %.......................2

Bodenverbrauch in Österreich
jährlich in km2....................................41
Fläche Eisenstadt in km2...................42,9
Versiegelung in Zahlen (Quelle: Umweltbundesamt, BOKU)
“(…) ich habe die Korrektur immer hinausgeschoben, hinausgezögert (…).”
Thomas Bernhard, in: Korrektur, S. 286, Werke 4, Suhrkamp 2005

Als Leitbild längst aus der Zeit gefallen, bestimmt sie doch noch unser Straßenbild: die autogerechte Stadt. „Das Leben setzt automobile Subjekte voraus“, hieß es 1959 im gleichnamigen Buch und das sieht man auch heute noch unseren Städten an. Selbst unsere sogenannten Wohnstraßen schauen aus, als ob darin Fahrzeuge wohnen anstatt Menschen. Das hier beschriebene Projekt setzt sich zum Ziel, stellvertretend geeignete Straßenabschnitte im Wiener Stadtraum aufzuspüren und prototypisch an der Rückeroberung versiegelter Flächen zugunsten natürlichen Bodens zu arbeiten, um damit beizutragen, dass auf das Jahrhundert der Straßen jenes der Grünräume folgen möge.

Jede der rund 7000 Straßen in Wien ist – die Genehmigung dafür vorausgesetzt – auch mit dem Auto zu befahren, dabei sind nicht nur ihre Längen zwischen 11 Metern und 14,8 Kilometern sehr unterschiedlich. Die Oberfläche dagegen ist sehr einheitlich, eine versiegelte: Asphalt, also eine ohne natürlichen Boden, die kein Wasser aufnehmen und keine Feuchtigkeit speichern kann, in der nichts wächst und keine Organismen leben — toter Boden. Auch dieser hat uns die Hitzeinseln in Wien beschert.

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Podcast.

JETzt: Podcast der Kammer der Ziviltechniker:innen,
Episode 22, aufgezeichnet am 29. Mai 2024

Was bedeutet „Entsiegelung“ und warum fällt uns das Entsiegeln so schwer?
Sechs Expert:innen im Austausch zu einem Thema, das uns alle betrifft.
Im Gespräch mit: Johanna Digruber, Christian Fröhlich, Karl Grimm,
Renate Hammer, Günter Katherl, Wolfgang Voglauer

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Interview.

Entsiegelung der Bestandsstadt,
aufgezeichnet am 8. Oktober 2024 im Wiener Resselpark,
Forschungsbereich Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung der TU Wien, Masterarbeit
Angesichts des hohen Flächenverbrauchs wird auch in Wien das Thema der Entsiegelung in den vergangenen Jahren immer mehr im Planungsdiskurs, in der Politik aber auch in den Medien und in der Zivilgesellschaft diskutiert. Esther Briglauer fragt nach bei Christian Fröhlich.

"Man darf sich nicht erwarten, dass man mehrere Schritte auslassen kann, dass etwas schneller geht, nur weil ein/e Bürger/in das initiiert hat oder dass man mehr Gehör findet. Eher das Gegenteil ist der Fall, denn man dringt in etwas ein, was ungewöhnlich ist und erschwert es eigentlich für alle Beteiligten. Auch für die Magistratsangehörigen, weil diese aus ihrem Betrieb gerissen werden."
… über Bürgerinitiativen:
"Also der Begriff von Urbanität ist heute alles andere als der Asphalt, so wie noch zu Karl Kraus’ Zeiten: ‚Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll: Asphalt!‘, sondern das ist der Lebensraum, der Aufenthaltsraum, die konsumfreie Zone und der Grünraum in der Stadt."
… über das Urbane:
"Da stand man halt immer die letzten Jahrzehnte fragend da: 'Wir haben da noch eine Fläche, was machen wir damit? Lasst sie uns versiegeln mit Asphalt. Das kostet nicht viel und vielleicht können wir sie später brauchen.' Und damit haben wir jetzt zu kämpfen. Das heißt, diese wieder rückzuführen und rückzubauen ist nicht so einfach wie es war, diese zu bauen."
… über Versiegelung:
"Aber (wenn dann entsiegelt wird) zu erleben, dass man da wieder die Erde sieht und diese Fläche freilegt und der Erde zurückgibt, ist es ein enormer Prozess, der hier initiiert wird, indem man diese Spuren der autogerechten Stadt entfernt, damit sich wieder etwas bewegt."
... über Erdboden:
"Wenn wir beobachtend durch die Straßen gehen, wird uns gewahr und wir werden uns eingestehen: 'Wir brauchen diese versiegelte Fläche hier gar nicht.' - Was würden wir verlieren ..? Da vorne fünf Parkplätze ..! - Und was gewinnen wir ..? Eine begrünte Straße ..!"
… über Gewinn und Verlust:
"Es geht ja bei uns immer darum Prototypen zu entwickeln, die man herzeigt und die bestaunt werden können, die aber dann auch überprüft werden können, ob sie das halten, was sie versprechen oder ob das ein Unsinn ist. Und jetzt muss halt einmal eine Gasse so entwickelt und gebaut werden, damit man das auch erfährt, ob Klimastraßen Sinn machen."
… über Prototypen:
"Wir brauchen eine Fläche, sorgsam mit der Fräse ausgeschnitten, wo der Asphalt wegkommt und das Grün wuchert, sodass die Menschen sicher sind: Ah, da war mal Asphalt. Und jetzt kommt Vegetation rein. Verstehe schon, das ist wegen unseres Versprechens zu entsiegeln.“
... über Versprechen:
"Die fehlende Baukultur beim Stadtgrün war Anlass für ein Forschungsprojekt beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Dieses ist natürlich weniger an einer einzelnen Straße in Wien interessiert, sondern sucht so etwas bundesweit. Daher geht es nun eher um eine Art 'Handbuch' für eine Strategie gegen urbane Hitzeorte und für klimagerechte Stadträume."
… über Baukultur:
"Also ich würde mich aus Erfahrung nicht mehr auf die Vorgaben verlassen und sagen: 'Ich warte jetzt bis man grünes Licht bekommt', sondern es müsste noch viel mehr Druck von den Bewohner/innen kommen und dann wird die Politik auch reagieren. Damit diese merkt, da gibt es einen Anlass und jeder weiß, da braucht es aber noch einen nächsten Schritt."
… über Erfahrung:
"Es geht ja nicht darum zu sagen: 'Sagt was ihr wollt, wir machen es so wie immer.' Wir müssen alles hinterfragen, was wir bisher gemacht haben, weil wir wissen, die baulichen Maßnahmen, die jetzt in der Stadt passieren, sind nicht klimagerecht. Weil Bauen per se nicht klimagerecht ist, aber dieses Stadtgrün auch nicht. Das ist viel zu wenig."
… über Angemessenheit der Mittel:
"Du musst dem öffentlichen Raum, die Hitze nehmen, damit er wieder zum Wohnzimmer werden kann für die, die keines oder kein erträgliches haben. Das heißt, die ganze Motivation dreht sich um einen öffentlichen Raum für konsumfreier Aufenthalt in einer klimagerechten Umgebung."
… über Klimagerechtigkeit:
"Das 2. Meidlinger Klimamanifest wird heißen: 'Ein Baum für jede/n Meidlinger/in'. Wie viele Straßenbäume gibt es in Wien? Ca. 100.000, so viele wie es in Meidling Einwohner/innen gibt, dabei sollte der Bezirk alleine so viele Bäume haben. Diese Analogie zwischen den beiden Zahlen hat mich zu dem Spruch motiviert: 'Jede Meidlinger/in hat Anspruch auf einen Baum' innerhalb von zwanzig Jahren."
... über Das 2. Meidlinger Klimamanifest:
"Laut Walter Benjamin wird Architektur ja in Belanglosigkeit wahrgenommen. Das heißt, jeder, der in Zukunft so eine Klimastraße sehen wird, der geht daran vorbei und dann soll er sich umdrehen und sagen: 'Was ist denn hier passiert?' Du löst quasi diese Irritation in der Stadt aus, damit das später zur Gewohnheit wird."
… über Irritation und Gewohnheit:
 
"Die Idee entspringt dieser Vorstellung, dass Menschen zusammen kommen, dann legen sie diese Schablonen auf, sprühen den Spruch auf den Asphalt, schauen wie das trocknet, räumen das weg und stehen rundherum, betrachten es und reden an der Fläche über das Thema Entsiegelung und die Zukunft der Stadt."
… über Entsiegelung:
 
"Und dann treffen sich alle wieder und schauen, was es da gibt. Und es steht ein Monat lang dieses Hinweisschild am Asphalt: 'Du sollst deine Umgebung entsiegeln‘. Und dann kommt tatsächlich der Bagger und greift den Schriftzug weg. Das ist Poesie pur für mich. Und das ist das eigentliche Projekt und sollte der Startschuss sein.“
... über Poesie:

Print.

Entsiegelung — von Grau zu Grün, aber wie?
in: derPlan 63, S. 4—7, Die Zeitschrift der Kammer der Ziviltechniker:innen
für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Dezember 2024
https://wien.arching.at/derPlan_63.pdf

"Historisch hat der Asphalt schon einen enormen Wandel erfahren, wenn wir an Karl Kraus denken, der Asphalt als das Urbane schlechthin dargestellt hat: ‚Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll: Asphalt‘ – weil gemütlich sei er selbst. Und nur hundert Jahre später gibt es in den Niederlanden Wettbewerbe in der Zivilgesellschaft, wer schneller entsiegelt.“
Christian Fröhlich, in: Der Plan 63, Dezember 2024

Toolbox

gegen urbane Hitzeinseln
Handbuch zur Korrektur
von Stadtstraßen
zu Klimastraßen
109 S., Manuskript, 15×15 cm,
Origami Papier, 70 g

Buch / Handbuch / Manual / Guide / Handlungsanweisung
Neun Handlungen
ii. Typologien: Stadtstraßen werden Klimastraßen, S. 14-30

Visualisierungen.

Skizzen.  Zeichnungen. Montagen. Diagramme. Grafiken.

Drei Bedingungen haben urbane Hitzeinseln vor allem gemein: Einen hohen Grad an Bodenversiegelung, das Fehlen von Vegetation und offenem Boden und überbaute Frischluftschneisen. Darüberhinaus können diese Stadträume aber sehr unterschiedlicher Natur sein. Daher werden im Kapitel ii. Typologien sieben Typen dieser anthropogenen „Inseln“ vorgestellt und mit jeweils sieben Strategien für eine stadträumliche Korrektur versehen.

Typologische Skizzen.
 
 
 
 
 
 
 

Skizzen. Zeichnungen. Montagen. Diagramme. Grafiken.

Die hier gewählten Kategorien gehen auf sechs grundlegende Gestaltungselemente des Paradiesgartens am Beispiel einer persischen Miniatur aus dem 17. Jahrhundert zurück und wurden um das siebente Element Luft ergänzt. Die Merkmale, die in der Miniatur sichtbar werden, lassen sich auf gegenwärtige Gärten übertragen, also auch auf Straßengärten. Dies wird im Kapitel iii. Elemente skizziert.

 
iii. Elemente für Straßengärten, S. 31-49
Elemente. Zeichnungen.
i. Vegetation
ii. Wasser
iii. Luft
iv. Umgrenzung
v. Schwelle
vi. Choreographie
vii. Metapher
Metapher, Detail

Skizzen. Zeichnungen. Montagen. Diagramme. Grafiken.

Die Grundlage für die Bildmontage ist die Photographie und die Videographie. Während der Aufnahme und der Aufzeichnung ergeben sich Schlüsselmomente, die eine mögliche Transformation bereits vorwegnehmen, als ob man in die Zukunft schaut. Das Potenzial, welches in den Photo- und Videographien zu erahnen ist, wird in der Montage überzeichnet dargestellt.

Sechs Montagen.
i. Schillerplatz wird Klimaplatz, Vienna Soil Project, 1., Visualisierung
ii. Stöbergasse wird Klimagasse, Wiener Klimateam, 5., Visualisierung
iii. Erlgasse wird Klimagasse, 1. Meidlinger Klimamanifest, 12., Visualisierung
iv. Blumengasse wird Klimagasse, Wiener Klimateam, 18., Visualisierung
v. Egger-Lienz-Platz wird Klimaplatz, Wiener Klimateam, 12., Visualisierung
vi. Bezirksverwaldung, Wiener Klimateam, 12., Visualisierung

Skizzen. Zeichnungen. Montagen. Diagramme. Grafiken.

Alle Informationen, Sammlungen, Handlungen für dieses Handbuch gehen auf fünf komplexe Diagramme zurück. Diese wurden synchron zur Literaturarbeit und In situ-Recherche entwickelt. Deren raum-zeitliche Mannigfaltigkeit (Vidler) entspringt dem Umstand, dass Diagramme niemals die Realität abbilden, sondern eine neue Realität von Beziehungen vorwegnehmen.

Fünf Diagramme.
i. Wiener Straßen werden Klimastraßen, Stift auf Kraft 90 g, 29,7x21cm
ii. Sechs Elemente für Straßengärten, Stift auf Kraft 90 g, 29,7x21cm
iii. Die vierte Natur, Garten—Kunst, Stift auf Kraft 90 g, 29,7x21cm
iv. Die vier Aktivist/innen, Stift auf Kraft 90 g, 29,7x21cm
v. Consult the Genius of the Place in all, Stift auf Kraft 90 g, 29,7x21cm

Skizzen. Zeichnungen. Montagen. Diagramme. Grafiken.

Die beiden Grafiken zeigen die Titelblätter von zwei systematisch angelegten Sammlungen gepresster und getrockneter Pflanzen und Pflanzenteile — einundvierzig Laubblätter und zwanzig Knospen — auf 190 g Papierbogen fixiert und in Alben archiviert. Hergestellt von Yona Fröhlich-Digruber in der HBLFA Schönbrunn für Gartenbau und Landschaftsgestaltung.

Grafiken für einundvierzig Laubblätter und zwanzig Knospen.
i. Herbarium, Einundvierzig Laubblätter, Titelbild
ii. Herbarium, Zwanzig Knospen, Titelbild